Originally published in ORF on Kultur, 08-11-99: http://www.orf.at/orfon/kultur/991108-2402/2405txt_story.html


DieLegende des Uirapuru
SimonHadler, ON KULTUR, schickt Sie auf die virtuelle Reise. Ziel: Amazonas.

Beider diesjährigen ArsElectronica galt EduardoKac' Installation "Genesis" als eines der Highlights im Reigenjener Medienkunst, die sich mit dem Dreieck zwischen Kunst, Biologie undmodernster Kommunikationstechnologie bewegt. Einen Preis gewann der Brasilianerdennoch nicht.
Eduardo Kac bei der Ars Electronica 99 / �Bild: ORF/Simon Hadler
Eduardo Kac bei der Ars Electronica 99 / ©Bild:ORF/Simon Hadler


Dafür wurde er jetzt beider dieser Tage zum zweiten Mal stattfindenden Biennale des InterCommunicationCenter in Tokyo entschädigt. Eine der Auszeichnungen im Wert voneiner Million Yen (ca. 100.000 Schilling) wurde ihm für sein interaktivesProjekt Uirapuruverliehen.

Der mit seinen Reizen geizt

Das Wort "Uirapuru"steht sowohl für einen Vogel, der in der brasilianischen Amazonasregionvorkommt, als auch für eine mythische Sagenfigur der indigenen Bevölkerung.Im Regenwald singt der Uirapuru nur ein einziges Mal im Jahr, und selbstdann nur für fünf bis zehn Minuten während seines Nestbaus.

Eine Legende der Ureinwohnerbesagt, sein Gesangsei so schön, daß während dieser Minuten alle anderen Vögeldes Waldes verstummen, um ihm zu lauschen. Einer anderen Überlieferungzufolge wird der Uirapuru während seines Gesanges von der Aura einesverstorbenen Menschen beseelt, die dem Wald in einem Moment der Stilleneues Leben einhaucht.

"Sowohl in der Legende alsauch im richtigen Leben", erklärt Eduardo Kac, "ist derUirapuru ein Beispiel für seltene Schönheit." Um Realitätund indigenen Glaubensvorstellungen über den sagenumwobenen Vogeleine dritte Ebene hinzuzufügen, kreierte Eduardo Kac für dasICC eine Entsprechung der Legende im virtuellen Raum.

Fliegende Fische in Japan

Vor Ort, in Tokyo, ist ein stilisierterRegenwald aufgebaut. In ihm bewegen sich bunte, fliegende Fische, in Kac'Fantasie Uirapurus, die zum einen von den Besuchern im ICC, zum anderenonline auf der zum Projekt gehörenden Homepage gelenkt werden können.

Auf der Webseite sieht man denWald aus der Sicht des bewegten Fisches, wobei via Streaming-Technologieauch die Bewegungen aller anderen "Vögel" beobachtet werdenkönnen. Ein In-Beziehung-Treten ist nicht ausgeschlossen, sondernsogar erwünscht.

Der
Der "Uirapuru" für ICC-Besucher / ©Bild:Jason Sachs


Zwitschernde Informationsflüsse

Womit sich andere vielleichtschon zufrieden geben würden, wäre für Eduardo Kac vielzu uninteressant gewesen. Er installierte in der Miniatur-Amazonasregionim ICC kleine "Pingbirds", also Teleroboter in Vogelform.

"Pingbird" / ©Bild: Anna Yu

Diese virtuellen Tiere messendas Verkehrsaufkommen im Internet, indem sie Signale an Server, die inder tatsächlichen, geografischen Amazonasregion stationiert sind,senden, und auf eine Antwort von dort warten. Je stärker der Trafficim Netz, umso intensiver und öfter zwitschern die Pingbirds. "ImInternet fließt ununterbrochen Information", erläutertEduardo Kac die Erweiterung seines Projektes, "und dieser Informationsflußspiegelt sich im Gesang der Pingbirds wieder."

Datenströme und der Kommunikationswillevon kunstinteressierten Galerie- bzw. Homepagebesuchern bringen also dieLegende des "Uirapuru" in der Version von Eduardo Kac erst zumLeben.


Back to Kac Web